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Raw Blame History

ſ-Belegung (Fraktursatz)

Geschichtliche Entwicklung der Frakturschriften

Seit dem Mittelalter gibt es das lange s (»ſ«), das das runde s ablöste. Ab dem 9. Jahrhundert kam das runde s langsam wieder dazu. Heute ist das lange s praktisch ganz verschwunden.

Fraktursatz

Im Deutschen stand generell für das heute übliche runde s »ſ«, und »s«, wenn es am Ende eines Wortes oder (selbstständigen) Teilwortes oder am Ende einer Vorsilbe (Sprechsilben!) steht und ein Teilwort folgt. Am Ende von assimilierten Silben steht allerdings langes s. Langes s steht auch bei gemurmeltem »e« (z.B. »unſre«).

Zwei weitere Aspekte, die sich eigentlich von selbst verstehen:

  • Bei Abkürzungen mit Apostroph richtet sich die s-Schreibung nach der Grundform (»Laſſ das, ich haſſ das« für »Lasse das, ich hasse das«).
  • Das lange s bleibt bei der Silbentrennung erhalten.

Satz gebrochener Schriften mit Neo

Das lange s in gebrochener Schrift und natürlich in Antiqua bei der Benutzung des langen s kommt deutlich häufiger vor als das runde s. Daher wurde ergänzend der Lang-s-Modus eingeführt. Dieser vertauscht zyklisch s, ſ und ß (d.h. s wird zu ſ, ſ wird zu ß, ß wird zu s), entsprechend ihrer Häufigkeit bei korrektem Satz von gebrochenen Schriften.

unter Windows

In ReNeo ist der Lang-s-Modus in der Download-Version nicht enthalten. Er kann allerdings durch Editieren der Datei layouts.json nachgerüstet werden. ReNeo muss dazu im Standalone-Modus arbeiten.

Für die Änderungen in layouts.json ist ein Editor und etwas Handarbeit notwendig. Um ein Layout dauerhaft auf Lang-s umzustellen, kann man die drei Definitionen der Buchstaben entsprechend reihum vertauschen. Für das Neo-Layout beispielsweise sucht man in der Datei den Abschnitt, der mit "name": "Neo" eingeleitet wird, und findet ein paar Zeilen weiter unter "map" folgende Definitionen auf zwei Tasten (gekürzt wiedergegeben):

"1A": [{"keysym": "ssharp", "char": "ß"}, {"keysym": "U1E9E", "char": "\u1e9e"}, {"keysym": "U017F", "char": "ſ"}, ... ],
...
"23": [{"keysym": "s", "vk": "VK_KEY_S", "label": "s"}, {"keysym": "S", "vk": "VK_KEY_S", "label": "S"}, ... ],

Auf diesen zwei Tasten sind, geordnet nach Ebenen, die Zeichen ß, ẞ, ſ sowie s, S angegeben (kann in anderen Layouts auf drei Tasten verteilt sein). Ein Tausch der Plätze erfolgt, indem jeweils der in {} eingeschlossene Teil als Ganzes ausgeschnitten und an passender Stelle eingefügt wird. Es ist darauf zu achten, dass die Kommata als Trennzeichen erhalten bleiben. Am Beispiel Neo, wenn wir nur die Kleinbuchstaben s, ß (ssharp) und ſ (U017F) vertauschen, ergibt sich:

"1A": [{"keysym": "s", "vk": "VK_KEY_S", "label": "s"}, {"keysym": "U1E9E", "char": "\u1e9e"}, {"keysym": "ssharp", "char": "ß"}, ... ],
...
"23": [{"keysym": "U017F", "char": "ſ"}, {"keysym": "S", "vk": "VK_KEY_S", "label": "S"}, ... ],

Je nach Vorliebe kann man auch die Definitionen für S und ẞ (U1E9E) tauschen, um s und S auf derselben Taste zu behalten.

Zusätzliches Layout

Eine andere Möglichkeit ist, die Lang-s-Variante als weiteres Layout zu definieren. Dazu kopiert man zunächst den kompletten Abschnitt des originalen Layouts im Falle von Neo ist dies folgender:

{
    "name": "Neo",
    "dllName": "kbdneo2.dll",
    ...
    "34": [{"keysym": "period", "char": "."}, ...],
    "35": [{"keysym": "j", "vk": "VK_KEY_J", "label": "j"}, ... ]
    }
},

Im einfachsten Fall kopiert man den Abschnitt genau an die Stelle dahinter, dann passen auch die Klammern und Kommata. Unter name kann ein beliebiger Name gewählt werden, z.B. „Neo (Lang-s)“. Anschließend ändert man wie oben beschrieben die entsprechenden Tastendefinitionen. In Reneo lässt sich nun mit dieser Konfiguration im laufenden Betrieb über das Systray-Menü zwischen dem normalen und dem neu erstellten Layout (unter dem neuen Namen) umschalten.

NeoVars

Im nicht mehr empfohlenen NeoVars-Treiber ist der Lang-s-Modus bereits von Haus aus enthalten und kann mit der Tastenkombination M3+F11 an- und wieder ausgeschaltet werden.

unter GNU/Linux

Der Lang-s-Modus ist nicht in der offiziellen xkbmap enthalten. Deshalb muss er manuell eingerichtet werden. Dies funktioniert nach demselben Prinzip wie hier beschrieben. Das Layout für den Lang-s-Modus ist wie folgt definiert:

partial alphanumeric_keys modifier_keys keypad_keys
xkb_symbols "neo-s" {

    include "de(neo)"
    name[Group1] = "Germany - Neo 2 Lang-s";

    key.type[Group1] = "EIGHT_LEVEL_ALPHABETIC_LEVEL_FIVE_LOCK";

    key <AD11> { [ s,                       U1E9E,                   ssharp,                  Greek_finalsmallsigma,   U2212,                   NoSymbol,                jot,                     NoSymbol                 ] };
    key <AC06> { [ U17F,                    S,                       question,                Greek_sigma,             questiondown,            NoSymbol,                Greek_SIGMA,             NoSymbol                 ] };

};

Die Namen können wie gehabt nach eigenem Wunsch angepasst werden. Das Layout lässt sich entweder als custom-Layout definieren, oder man benutzt bereits Wayland und kann es an passenderer Stelle in ~/.config/xkb/symbols/de abspeichern (siehe auch hier).

Sollte man dagegen die Systemdatei /usr/share/X11/xkb/symbols/de direkt ändern und möchte das Layout auch über die GUI des Desktops wechseln können, muss man das symbol dem System bekannt machen:

rules erweitern

  1. /usr/share/X11/xkb/rules/evdev.xml in einem Editor der Wahl öffnen
  2. Nach der Zeichenfolge »neo« suchen
  3. Folgendes unterhalb der nächsten »«-Zeile einfügen:
        <variant>
          <configItem>
            <name>neo-s</name>
            <description>Neo 2 Lang-s</description>
          </configItem>
        </variant>

Andere

Für das Terminal und bei Benutzung der Xmodmap sind die Dateien zu kopieren und diese Kopien dann zu editieren. Es muss dann manuell gewechselt werden.